Wenn es zu einer Trennung mit Kindern kommt, stellt sich schnell die Frage, was Kinder in einer solch schwierigen Situation brauchen. Früher oder später bekommt jede alleinerziehende Mama zu hören, dass ihre Kinder beide Elternteile brauchen.
Aber was machen solche Ratschläge mit Müttern, die ihr Bestes geben und versuchen, ihre Kinder gut durch die Trennung zu begleiten. Viele stehen nunmal alleine da, ob sie wollen oder nicht.
Viele Kinder verlieren nach einer Trennung den Kontakt zu einem Elternteil, meistens dem Vater.
„Wieso ich all meine Elternratgeber verkauft habe“ war einer meiner ersten Artikel, die ich damals geschrieben habe. Nun bin ich wieder an einem Punkt, an dem ich mich über Ratgeber und Beratungsangebote ärgere.
Denn gerade Alleinerziehende erhalten überall ähnlich lautende Tipps, die ihnen aber nicht immer weiterhelfen. Oft sind diese lediglich dabei hilfreich, das schlechte Gewissen zu vergrößern.
Gerade nach einer Trennung mit Kindern würde ich mir ein wenig mehr Einfühlungsvermögen wünschen.
Kein Ratgeber der Welt kann die individuelle Situation berücksichtigen.
Nach einer Trennung mit Kindern hören Mütter oft: Kinder brauchen beide Elternteile.
Klar, stimmt da jeder schnell zu.
Fakt ist, dass der Kontakt zu einem Elternteil (oft dem Vater) in nicht wenigen Fällen nach der Trennung abbricht.
Was also, wenn es beide Eltern schlichtweg nicht gibt? Wo bekommen diese Elternteile Unterstützung? Oder sollen die sich still und leise in ihrem Kämmerchen verkriechen und einfach akzeptieren, dass sie versagt haben?
Seitdem ich mich intensiv mit der Entwicklung und Reifwerdung von uns Menschen beschäftige, weiß ich, dass die Natur nichts geschaffen hat, was keinen Sinn ergeben würde. Das, was eigentlich vorgesehen wurde, lässt mich immer wieder staunen.
Dass wir heute anders leben, als es für uns gut wäre, erzeugt großen Druck auf viele Menschen, ganz besonders auf die Mütter.
Plötzlich fällt all die Verantwortung, die idealerweise auf ganz vielen Schultern verteilt werden würde auf ein einsames Paar Schultern.
Da helfen solche Weisheiten, wie „Kinder brauchen beide Elternteile“, so ganz und gar nicht.
Wenn es klappt und beide Eltern nach einer Trennung für die Kinder da sind, dann profitieren die meisten Kinder wahrscheinlich davon. Dies aber pauschal einfach jeder alleinerziehenden Mutter als Tipp und Ratschlag mit auf den Weg zu geben, halte ich für wenig sensibel.
Es kann viele Gründe geben, warum es nur einen Elternteil gibt.
Einer Alleinerziehenden hilft es nun mal nicht, einen solchen Ratschlag um die Ohren gehauen zu bekommen, wenn der Vater vor kurzem verunglückt, oder psychisch erkrankt ist. Ich schreibe hier vor allem von Müttern, weil sie nach wie vor die Mehrzahl der Ein-Eltern-Familien ausmachen.
Ja, es gibt Fälle, in denen die Mutter gegangen ist und den Vater mit den Kindern zurückgelassen hat. Trotzdem möchte ich hier die ansprechen, die in den meisten Fällen die Verantwortung für die Kinder übernehmen.
Ich empfinde es als leicht fahrlässig, dass solch verallgemeinernde Ratschläge, gerade nach einer Trennung mit Kindern wie mit der Gießkanne verteilt werden.
Egal, welchen Ratgeber ich bisher aufgeschlagen habe, meist lacht mir früher oder später diese „Weisheit“ entgegen. Wenn Kinder Alleinerziehender problematische Lebensläufe aufzeigen, wird schnell der Zeigefinger erhoben und die Schuld darauf geschoben, dass das männliche Vorbild gefehlt hätte.
Aber wo sind all die ratgebenden Menschen, wenn Hilfe benötigt wird?
Viele Ein-Eltern-Familien stehen unter enormem Druck und haben wenig Ressourcen, sich auf das zu fokussieren, was sie eigentlich brauchen.
Ruhe im Alltag, Verbindung und Zeit, um zu sich zu kommen und sich miteinander gut zu fühlen. Das trifft jedoch nicht nur auf Familien mit einem Elternteil zu. Und so freue ich mich über den Satz von Philippa Perry:
„Untersuchungen haben gezeigt, dass die Familienstruktur selbst wenig Einfluss auf die kognitive oder emotionale Entwicklung von Kindern hat, und tatsächlich werden mehr als 25 Prozent der Kinder in Großbritannien von Alleinerziehenden großgezogen, von denen etwa die Hälfte bei der Geburt des Kindes in einer Partnerschaft lebte. Diese Kinder kommen nicht besser und nicht schlechter zurecht als solche aus eher konventionellen Verhältnissen, wenn man Faktoren wie eine finanzielle Situation und die elterliche Bildung berücksichtigt.”
Beratung nach der Trennung mit Kindern
Als der Papa meiner Kleinen beschloss, dass er 1300km weit wegziehen würde, war ich erstmal schockiert und verzweifelt.
Meine Tochter tat mir so leid. Von der Beratung hatte ich mir ein paar Tipps erhofft, wie ich mein Kind unterstützen kann und was kam?
Das: „Ihr Kind braucht seinen Vater!“ Tja, und was mache ich in dem Fall mit dieser Information. Ich trage ihm sein Kind hinterher, wie es nicht wenige Mütter machen, die getrennt sind. Oder ich besinne mich darauf, was wichtig ist im Umgang mit solch einschneidenden Erlebnissen und begleite meine Kleine mit all ihren Emotionen und Gefühlen.
Heimlich still und leise hoffe ich, dass der Kontakt nicht abbricht und der Vater lange genug ehrliches Interesse zeigt. Und natürlich unterstütze ich meine Tochter dabei, den Kontakt zu halten, so schwer mir das manchmal fällt und klar, plane ich mindestens ein Mal im Jahr Urlaub so ein, dass die beiden sich sehen können. Diese Last kommt dann noch zusätzlich zur Alltagslast hinzu.
Meine Gefühle sind nicht die Gefühle meines Kindes
Im letzten Jahr durfte ich nochmal lernen, dass wir unseren Kindern ihre eigenen Gefühle zugestehen müssen. Ich habe den Eindruck, dass meine Kleine viel weniger unter der Entscheidung gelitten hat als ich. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, ihr einreden zu wollen, dass sie doch bestimmt traurig ist. Sie schaute mich dann an und meinte: „Aber Mama, wenn ich den Papa vermisse, dann schau ich mir sein Bild an, guck mal, das hängt doch dort!“
Natürlich kann man bei kleinen Kindern nie wissen, was sie wirklich fühlen. Denn vieles sagen oder tun sie, damit es uns gut geht. Wesewegen echtes Spiel hier sehr willkommen ist. Denn nirgendwo können Emotionen so in Bewegung kommen wie in echtem Spiel. Da ist alles erlaubt, es ist nicht echt und schwierige Gefühle können auf indirektem Weg eher zugelassen werden.
Von allen Beratungsangeboten nach einer Trennung mit Kindern wünsche ich mir, eine individuelle Sicht auf die Situation der Familie, die gerade vor ihnen sitzt.
Ratschläge dieser Art sind oft nichts anderes als Schläge. Es gilt, die verantwortlichen Elternteile zu bestärken und ihnen Wege zu zeigen, mit ihren Kindern gut durch diese schwere Krise zu kommen.
Es gibt glückliche Trennungskinder, die gut im Leben stehen.
Genauso gibt es Trennungskinder, die mit dem Leben hadern und Wunden mit sich herumtragen, die sie ein Leben lang daran hindern, ihr Potential zu entfalten. Es gibt aber auch Kinder, aus Bilderbuchfamilien, die im Leben nicht gut zurechtkommen. Hier immer gleich auf die Familienkonstellation zu schielen, in der die Kinder aufgewachsen sind, ist nicht hilfreich.
Wenn dein Kind unter 7 Jahren alt ist, dann wird dir dieses Video einige AHA-Momente bescheren:
In dem Video erfährst du 3 wichtige Dinge:
- Weshalb die 3 gängigen Umgangsmodelle Residenzmodell, Wechselmodell und Nestmodell nur als grobe Richtschnur dienen können.
- Weshalb Kleinkinder und Vorschulkinder bei der Trennung der Eltern besondere Begleitung brauchen.
- Weshalb der Satz „Die Kinder leiden am meisten“, unreflektierter Bull*it ist.
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Ich bin SEHR DANKBAR für diesen Beitrag. Es zeigt mir, dass mein Sohn und ich nicht allein sind, sondern auch andere Trennungskinder ohne den Vater (die Mutter) auskommen müssen.
Es ist mein größter Schmerz nach der Trennung vor fast zwei Jahren. Wie kann jemand so plötzlich kein Interesse mehr an seinem Kind haben und nur noch ein happy life ohne Verantwortung leben? Und wie kann es sein, dass ich mich schuldig fühle und Angst um die weitere Entwicklung meines Kindes habe, obwohl ich ich nicht gegangen bin … ?