Vorteile alleinerziehend zu sein.
Allen Ernstes häufen sich die Diskussionen um die Vorteile, die alleinerziehende Mütter im Vergleich zu Müttern in Partnerschaften haben.
Vor nicht allzu langer Zeit war ich bei einem Stammtisch für Alleinerziehende, bei dem ein Vorteil nach dem anderen aufgezählt wurde.
Mein inneres Augenverdrehen hat mir Kopfschmerzen bereitet.
Können wir mal bitte aufhören, verschiedene Familienmodelle miteinander zu vergleichen? Äpfel und Birnen vergleicht man nicht, oder?
Es ist doch offensichtlich, dass eine Mutter, die nach vielen Jahren schlimmen Konflikten und vielleicht auch Gewalterfahrungen nach der Trennung erstmal aufatmet und ganz viele Vorteile sieht.
Ist auch irgendwie logisch, dass wenn wir alleine zu Hause sitzen weniger Konflikte und Auseinandersetzungen haben, als wenn wir mit mehreren Menschen unter einem Dach leben.
Aber ist Einsamkeit nicht auch ein sehr großes Gesundheitsrisiko? Fühlst du dich einsam als Alleinerziehende? Ich schon manchmal. Als meine Tochter klein war, musste ich immer zu Hause sitzen. Jetzt, wo sie älter ist, fehlt mir das Umfeld, um auch mal spontan etwas zu unternehmen. Ich werde ganz einfach überhaupt nicht mitgedacht, weil ich gefühlt 10 Jahre von der Bildfläche verschwunden war.
Sowieso scheinen Alleinerziehende nicht die beliebtesten Gäste bei Grillfesten in der Nachbarschaft oder beim Adventsbacken mit Familien zu sein.
Sollen das wirklich die Vorteile für Alleinerziehende sein?
Ein Leben ohne Streit und Diskussionen? Mal ganz davon abgesehen, dass für viele Mütter der Streit mit dem Ex-Partner nach der Scheidung weitergeht.
Mal ganz davon abgesehen, dass alleinerziehende Mütter bei den vielen Konflikte mit den Kindern meist alleine dastehen. Entscheidungen werden von einem Paar Schultern getragen und Sorgen trägt die Alleinerziehende ebenfalls oft alleine. Ganz davon abgesehen, dass selten ein anderer Mensch die Freude über den Nachwuchs so teilt, wie der andere Elternteil das tun würde.
Diese Diskussion um die vermeintlichen Vorteile für Einelternfamilien hinkt. Es kommt doch immer darauf an, mit wem wir uns vergleichen. Vergleiche ich mich mit der Mama, mit dem liebenden Mann an ihrer Seite, der 50% aller Aufgaben übernimmt, geduldig und einfühlsam ist, dann sehe ich nicht, wo die Vorteile als Alleinerziehende liegen sollen.
Dass es besser ist, alleine für vieles verantwortlich zu sein, anstatt sich tagtäglich beschimpfen und demütigen zu lassen, ich glaub, darüber müssen wir nicht sprechen.
Indem wir von Vorteilen für Alleinerziehende sprechen, stellen wir die Situation geschönt da, durch die rosarote Brille betrachtet.
Es ist verdammt hart, alleinerziehende Mutter zu sein. Mit Kleinkindern ganz bestimmt noch herausfordernder als mit schon selbstständigeren Kindern. Mit Kindern mit Behinderung noch herausfordernder.
Es macht einen Unterschied, ob ich gesund bin oder krank. Belastbar oder nicht. Ob ich einen Teilzeit-Job habe, der uns gut versorgt, oder ob ich Vollzeit arbeite und „nebenher“ 3 Kinder alleine versorge.
Das ist sicher in einer Partnerschaft schon nicht einfach, alleine aber doppelt schwer.
Es gibt so viele offensichtliche Nachteile und Benachteiligungen, dass ich die Diskussion um die Vorteile von alleinerziehenden Müttern einfach nur unangebracht finde.
Ich verstehe, woher diese rührt. Ich lebe gerne in einer Ein-Eltern-Familie, aber eben weil die Alternative dazu nicht schön gewesen wäre und nicht, weil Alleinerziehende so viele Vorteile genießen.
Wir haben es uns gut eingerichtet und Strukturen geschaffen, die uns guttun. Trotzdem hätte ich sicher nichts gegen ein einfacheres Lebensmodell gehabt.
Also: Ja, besser alleine als in einer dauerhaft unglücklichen Partnerschaft. Vielleicht lohnt es sich aber auch, sich die Situation nicht schön zureden und zu schauen, was die Welt noch so für uns bereithält.
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