Alleinerziehende während Corona Pandemie.

Die letzten Monate habe ich nur sehr wenig in der öffentlichen Diskussion von alleinerziehenden Familien gehört.

Wieso denn nur? Wie geht es Alleinerziehenden während der Corona-Pandemie?

Liegt es vielleicht daran, dass sie völlig am Rotieren sind und keine freie Minute haben, um auf sich aufmerksam zu machen?

Meine Zeit ist jedenfalls gut ausgefüllt und wenn ich dann doch mal ein paar freie Minuten habe, dann fehlt mir oft die Kraft und Energie, um laut zu werden.

Mehr denn je muss ich mit meiner Kraft haushalten und versuchen, mich auf das Wesentliche zu fokussieren. Bindung, Ruhe, Natur, Spiel.

Bei uns läuft der Alltag so mittelprächtig.

All die Vorsätze, all das theoretische Wissen hilft mir nicht immer dabei, ruhig zu bleiben.

Die Lage ist angespannt und ich bin auch nur ein Mensch. Wir Menschen sind nicht dazu gemacht, uns alleine um einen kleinen Menschen zu kümmern, 24/7 versteht sich.

Die Bindung, die mein Kind in den ersten 7 Jahren seines Lebens zu mir aufbauen konnte, trägt uns zwar durch diese Zeit….trotzdem war es vor Corona wesentlich entspannter hier und manchmal mache ich mir Sorgen, dass die Unruhe, die hier gerade herrscht, doch irgendwie langfristig die Beziehung belasten könnte.

Mit meinem familienfreundlichen Arbeitgeber habe ich großes Glück. Wie es Alleinerziehenden geht, die noch Kleinkinder haben und sich zusätzlich Sorgen um ihre finanzielle Situation machen müssen, kann ich mir nur vage vorstellen.

 

 

So viele Herausforderungen

 

Was ich am anstrengendsten finde als Alleinerziehende während Corona wütet,  ist die Tatsache, so gut wie nie alleine sein zu können.

Ich kann nicht mal mit einer Freundin telefonieren, ohne dass meine Tochter zuhört.

Mein ganzer Frust und meine Sorge staut sich an und ich habe keinen Ort, um ihn loszuwerden.

Das geht nämlich nicht, wenn ein Kind daneben steht. Eine kleine Geste, ein Seufzer, alles wird direkt aufgeschnappt und thematisiert.

Unsere Wohnung ist klein genug, so dass an Ungestört sein nicht zu denken ist.

 

 

Ruhe und Entspannung – so sehr benötigt

 

Wenn ich dann doch mal unverhofft ein paar Stunden alleine bin, so wie heute, dann muss ich aufpassen, dass ich das bisschen Zeit nicht mit allem möglichen vollstopfe.

Am Ende möchte ich nicht erschöpft, wie nach einem Marathon, meine Tochter begrüßen, wenn sie von ihrer Freundin nach Hause kommt.

Dann wäge ich genau ab, und spüre in mich hinein, was ich gerade brauche.

Meistens ist das dann Ruhe. Deswegen ist es auch so still auf meinem Blog gerade. Mein Kopf ist so voll von den 150.000 Fragen am Tag, den vielen Informationen und allem, was der Alltag so mit sich bringt, dass es mir schwer fällt, bei einer Sache zu bleiben.

Ich will einfach nur noch Ruhe und endlich meine eigenen Gedanken hören.

Denn die höre ich im Moment sehr selten. Ständig werde ich unterbrochen in dem was ich tue oder in meinen Gedanken.

Das ist es, was mich am meisten Energie kostet. Nicht nachdenken können und trotzdem viele und verlässliche Entscheidungen treffen zu müssen.

 

 

Erstaunlich, was wir so alles schaffen

 

Manchmal nutze ich die freie Zeit aber auch, um Dinge, die mich ständig nerven, endlich zu beseitigen.

Dann wird auch schon mal der Flur im Schnelltempo gestrichen, nur um endlich die hässlichen Flecken, die mich seit langer Zeit täglich angrinsen, zu beseitigen.

Denn etwas, das ich jeden Tag als störend empfinde, kostet auch viel Energie und verursacht Unzufriedenheit. Dann lieber schnell, mehr schlecht als recht, entfernen.

Ich hangele mich halt so durch. Für die nächste Woche, in der die Erstklässler wieder für 1,5 Stunden in die Schule dürfen habe ich mir fest vorgenommen, mit meiner Tochter aus der Tür, und auf direktem Weg zum Wald zu gehen. Mich endlich mal wieder etwas mehr bewegen. Denn auch das blieb natürlich in den letzten Monaten auf der Strecke.

Ich fühle mich seit Tagen wie ein Teenager, der seit langem mal wieder sturmfreie Bude hat.

Wenn Eltern zusammen wohnen, kann sich jeder auch mal rausziehen, und wenn es nur für zwanzig Minuten ist. Alleinerziehende können das oft nicht. Nicht bei allen gibt es das zweite Elternteil, das Teile der Verantwortung übernimmt.

 

 

Corona als Chance auf weniger Ausgrenzung

 

Ausgangssperren? Ha, darüber muss ich mich gar nicht aufregen, ich war seit Jahren nicht mehr nach 19 Uhr draußen.

Sowieso hat mir die Zeit, seitdem überall von einem kleinen Virus die Rede ist,  gezeigt, wie isoliert und ausgegrenzt Alleinerziehende teilweise sind.

Ich kann weder am kulturellen, noch am politischen Leben teilnehmen. Die Elternbeiratssitzung kann ich nur wahrnehmen, da sie Dank Corona online stattfindet.

Termine abends um 19 oder 20 Uhr kann ich sonst nicht wahrnehmen.

 

 

Als lägen nicht schon genug Steine im Weg

 

Und wisst ihr was? Ich weiß jetzt noch nicht, ob meine Tochter ab August nach dem Schulschluss um 12 Uhr betreut werden wird.

Wie kann es sein, dass alleinerziehende Elternteile, die alleine für die Erwirtschaftung der Lebenshaltungskosten verantwortlich sind, nicht automatisch einen Betreuungsplatz bekommen?

Es ist zum Haare raufen. Aber das ist ein Thema, das mich auch jenseits der aktuellen Ausnahmesituation schon staunend und fassungslos zurückgelassen hat.

Mit solchen Sorgen müssen sich viele Alleinerziehende dann noch zusätzlich belasten, als hätten sie nicht genug Herausforderungen.

Ich habe das Gefühl, wir Alleinerziehenden sind komplett untergegangen während der Corona-Pandemie, in den letzten Monaten.

Viele kämpfen tagtäglich darum, sich und ihre Kinder gut durch diese herausfordernde Zeit zu bekommen.

Während des ersten Lockdowns hatten viele nicht mal ein Recht auf Notbetreuung. Aktuell darf scheinbar jedes Kind geschickt werden, unabhängig von der Familiensituation.

 

 

Wer kümmert sich eigentlich um die Kinder, wenn das betreuende Elternteil krank wird und aufgrund von Quarantäne-Regeln nicht vor die Tür kann?

 

Wären Alleinerziehende nicht eigentlich mit pflegenden Angehörigen gleichzusetzen und in der Impfreihenfolge vorzuziehen?

Sind sie nicht auch irgendwie systemrelevant?

Ich mache mir darüber Gedanken, was mit meinem Kind ist, wenn ich krank werde. Was, wenn ich mich anstecke und nicht gut für mein Kind sorgen kann? Bei anderen Erkrankungen gibt es dann durchaus Großeltern oder Freunde, die helfen können. Bei einer Ansteckung mit Corona wäre das nicht möglich.

Bei uns zu Hause ist es schon nicht mehr auszuhalten, wenn wir einen Tag lang nicht wenigstens 3-4 Stunden vor der Tür waren.

Wie das während zwei Wochen aussehen würde, daran mag ich gar nicht denken. Deswegen habe ich auch lange abgewägt, ob es sich lohnt, das Risiko einer Quarantäne auf mich zu nehmen, nur damit meine Tochter 1,5 Stunden am Tag in die Schule darf.

Da Alleinerziehende so wenig in der öffentlichen Diskussion Erwähnung finden, erwähne ich uns einfach selbst.

Ich klopfe mir und allen anderen jetzt mal fest auf die Schultern und sende ganz viel Energie und gute Nerven. Seid stolz auf euch, grenzt euch von Energievampiren ab und schaut ganz genau auf euch und eure Familie.

 

 

Mehr denn je müssen wir uns auf das Wesentliche besinnen und uns und unsere Kinder in den Mittelpunkt stellen. Unsere emotionale Gesundheit steht jetzt erstmal an erster Stelle.

 

Mein Highlight dieses Wochenende ist die jährliche Konferenz vom Neufeld-Institut, die gerade in Kanada stattfindet, dieses Mal online.

Vielleicht schaffe ich es, in den nächsten Wochen einige der vielen Einsichten und Aha-Momente zu formulieren. Wenn nicht hier, vielleicht auf der Facebook-Seite „mit-kindern-reifen.de“. Es tut so gut, nochmal vieles rund um das Thema Bindung und menschliche Entwicklung zu hören und mich auf die wesentlichen Bedürfnisse zu besinnen:

BINDUNG – GEFÜHLE – RUHE- SPIEL

Vier Begriffe, die auf den ersten Blick so selbstverständlich erscheinen. Die aber bei näherem Hinschauen oft missverstanden werden und in vielen Familien nur als nebensächlich angesehen werden. Dabei sind es die wichtigsten Bedürfnisse von uns Menschen. Allzu oft liegt unser Fokus im Außen. Alle wichtigen Entwicklungsschritte kommen aber immer von innen.

Aber eben nur, wenn die Bedingungen dafür gut sind und die Kinder sich auf eine sichere Bindung an einen fürsorglichen Erwachsenen stützen können. Dieses Wissen nimmt viel Druck raus, da es verdeutlicht, dass Kinder gar nicht viel brauchen, um gesund groß zu werden.

So suche ich mir meine Oasen, inmitten dem ganzen Chaos und gönne mir wann immer ich kann, etwas, das mir gut tut.

Haltet durch und seid gnädig mit euch.

Hier findest du mein Freebie, wenn du deine Ein-Eltern-Familie trotz Trennung auf einen guten Weg bringen möchtest.

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