Wenn Eltern sich um Kinder streiten

Wenn Eltern sich um Kinder streiten kann es nur Verlierer geben.

Das elterliche Entfremdungs-Syndrom ist umstritten – und dennoch bietet ARD dem Thema Raum in der Hauptsendezeit.

Vor ein paar Tagen lief auf ARD der Film „Weil du mir gehörst“.

Ein Film mit einer Topbesetzung, mit beeindruckenden schauspielerischen Fähigkeiten und mit einem Thema, das gerne herangezogen wird, wenn es nach Trennungen darum geht, die Kinder „gerecht aufzuteilen.“

Sollte es tatsächlich darum gehen nach einer Trennung? Die Kinder gerecht aufzuteilen?

Wenn Eltern sich um Kinder streiten.

Na ja, in dem Film geht es darum, dass die Mutter dem Vater die Tochter entzieht und entfremdet. Die Mutter wird sehr negativ und manipulativ dargestellt. Na klar – weil in den meisten Fällen ist das ja schließlich auch so…ha, ha, ja genau!

Einer der wenigen Artikel, die sich negativ zu dem Film äußern, findest du in der Taz: https://taz.de/Muettervertreterin-ueber-ARD-Drama/!5659752/

Ich muss gestehen, dass ich nur Auszüge des Filmes kenne. Ich wollte mir keine schlaflosen Nächte zumuten. Aber alleine schon der Titel lässt mich schlucken.

Ich kenne keinen Vater, der mit diesem angeblich weit verbreiteten Verhalten konfrontiert wurde. (das bedeutet natürlich nicht, dass es das nicht gibt)

Ich kenne aber viele alleinerziehende Mütter (sorry, an all die tollen Papas, die sich trotz Trennung liebevoll kümmern – ich weiß, es gibt euch!!!), die:

– Ihre Kinder den Papas frisch frisiert und schön eingepackt hinterhertragen, nicht selten über Landesgrenzen hinaus

– Die sich tagtäglich und nachtnächtlich schon fast aufopferungsvoll um ihre Kinder kümmern. Alles alleine stemmen und Papa den Rücken freihalten. Auch aus Angst, es könne anonsten ungemütlich werden.

– Die ohne Unterstützung ihren Kindern vieles ermöglichen

– Die auf Unterhalt verzichten, nur damit für die Kinder endlich Ruhe und Frieden einkehrt

– Die alles tun, damit ihr Kind einen Papa hat, trotz Trennung

 

 

Jede Familie ist anders. Jede Trennung verläuft anders.

Hier einen Fall zur Hauptsendezeit zu zeigen, der die Mutter als böse, rachsüchtig und manipulativ darstellt, schürt Vorurteile und stärkt nebenher die Rechte der Väter vor Gericht.

Immer öfters gibt es Fälle, bei denen das Wechselmodell (Kind wohnt 50% bei Mama und 50% bei Papa) ohne Zustimmung beider Elternteile angeordnet wird.

Ich verfolge seit 2 Jahren die Entwicklung eines Kindes persönlich, das seit es 2 Jahre alt ist hin- und hergereicht wird. Kindeswohl schreibt sich anders. In diesem konkreten Fall sehe ich weder Kind, noch Wohl. Zum Thema Wechselmodell, habe ich hier vor einiger Zeit geschrieben.

Schaut man bei der Entwicklung auf die Bindung, wird klar, dass ein Umgangsmodell mit so vielen Wechseln für kleine Kinder selten geeignet ist. Aber so, wie alles andere aufgeteilt wird, wird eben auch die Zeit mit dne Kindern aufgeteilt.

Kurzer Exkurs: Ich habe in meinem Erwachsen Leben schon öfters die Erfahrung gemacht, zwei „zu Hause“ (in“ “ weil ich letzten Endes in diesen Zeiten kein einziges echtes zu Hause hatte) zu haben und das war nie schön. Ich war weder hier richtig zu Hause, noch dort.

Ich kam nie an. Gehst es so vielleicht auch vielen Kindern, die ständig herumgereicht werden?

 

 

Das Wechselmodell kann bei älteren Kindern gut sein, dafür braucht es aber Eltern, die miteinander reden und sicher ist es förderlich, wenn die Elternteile nicht weit voneinander entfernt leben.

Der Film zur Hauptsendezeit hat mich so geärgert. In vielen Gruppen auf Facebook ging es ebenfalls heiß her. Viele Frauen reagierten ähnlich wie ich. Aus Selbstschutz schauten sie sich den Film nicht an. Und meistens verfügten sie nicht über genügend Energie, sichtbar zu werden und dagegen zu halten. Dann schwingt da sicher auch noch die Angst mit, was passiert, wenn ich Stellung beziehe?

Denn die vielen Geschichten, die diese Mütter mit sich herumtragen, bleiben im Verborgenen.

Sie wollen nicht, dass ihre Kinder davon erfahren. Sie wollen sich und ihre Kinder schützen. Sie wollen nicht als hysterische Mütter abgestempelt werden. Sie wollen keine bösen Kommentare heraufbeschwören. Sie fühlen sich ausgeliefert und wollen einfach nur noch Ruhe.

Bei der Entwicklung von Kindern kommt es häufig vor, dass ein Kind ein Elternteil bevorzugt und eines vielleicht sogar ablehnt.

Bindung entwickelt sich erst in die Tiefe, bevor sie sich dann in die Breite hin zu mehr Bezugspersonen entwickelt. Das ist auch bei Eltern so, die zusammenleben. Häufig bekomme ich Mails, die schildern, dass das Kind den Papa oder die Mama nichts machen lässt. Das ist keinesfalls selten.

Kommt es nun zur Trennung, kann sich diese Entwicklung natürlich noch verstärken. In den meisten Fällen bleibt das Kind bei der Mutter wohnen und sieht den Vater regelmäßig.

Häufig zeigt das Kind dann durch sein Verhalten, dass der Wechsel ungewollt ist. Das hat aber nichts damit zu tun, dass es entfremdet wird. Hier ist ganz viel Fingerspitzengefühl notwendig. Die Hauptbezugsperson kann vermitteln und der Elternteil, der gerade abgelehnt wird, kann mit Verständnis reagieren.

Häufig fühlt sich der abgelehnte Elternteil frustriert und abgelehnt. Nicht selten reagiert dieser dann ebenfalls ablehnend und resigniert. Sprich: nimmt das Verhalten des Kindes persönlich. Das ist verständlich. Hier aber selbst wie ein 3-Jähriges Kind zu reagieren und beleidigt oder resigniert zu sein, ist fehl am Platz.

 

 

Das Kind zeigt ganz natürliches Bindungsverhalten.

Meine Kleine war 2 Jahre, als sich ihre Eltern trennten. Wir hielten die Absprachen von Anfang an sehr flexibel. Viele Besuche und kleine Ausflüge in der gewohnten Umgebung. Wenn unsere Tochter nicht mitwollte, habe ich versucht, zu vermitteln.

Wenn alles nichts half, sind wir zu dritt los. Erst mit der Zeit ging sie mit Freude mit. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass sie mich lieber hatte als ihren Papa.

Auch nichts damit, dass sie mich mehr brauchte als ihn. Einfach mit der Tatsache, dass sie noch sehr klein war und ihr Übergänge sehr schwer fielen. Sie war von Anfang an ein sehr mamabezogenes Kind und hat einfach ihre Zeit gebraucht, zu beiden Elternteilen eine verlässliche Bindung aufzubauen.

Auch jetzt, mit fast 7 wird es wieder schwieriger. Wenn ihre Freunde draußen spielen, dann braucht es mehr Überzeugungskraft von Seiten ihres Vaters, als wenn dies nicht der Fall ist. Auch das ist doch irgendwie normal.

Kein Richter dieser Welt hätte die Kind-Vater Beziehung anordnen können. Nur mit viel Flexibilität und Vermittlung war es ihr möglich, eine Beziehung zu beiden Elternteilen aufzubauen.

Ich möchte aus dem Film nun keine politische Debatte machen (auch wenn er dies vielleicht ist). Es gibt bereits Gerüchte, die fragwürdige Berater mit der Drehbuchautorin in Verbindung bringen.

Diese hab ich nicht weiter recherchiert. Ich möchte mit solchen Dingen einfach meine Energie nicht verpulvern. Über so etwas nachzudenken macht mich müde und nimmt mir meine Tatkraft.

 

 

Mir geht es um das Wohl des Kindes. Und über dies können selten Richter entscheiden.

Da ist jedes einzelne Elternteil gefragt. Erwachsene dürfen die Augen nicht verschließen. Das Kind gehört bei einer Trennung in den Mittelpunkt. Was braucht es in dieser schwierigen Situation?

Pauschale Aussagen wie „Ein Kind braucht beide Elternteile“ oder „Ein Kind sollte immer bei der Mutter leben“, bringt Familien hier nicht weiter.

Wenn Eltern sich um Kinder streiten verlieren sie nicht selten den blick für das Wesentliche.

 

 

Fehl am Platz sind Stolz und Kontrolle.

Wir können nicht kontrollieren, wen unser Kind mehr liebt. Wir sollten das auch überhaupt nicht wollen. Wir sollten uns über jeden fürsorglichen Erwachsenen freuen, der unserem Kind bedingungslose Liebe entgegenbringt.

Zum Wohle unserer Kinder sollten wir beobachten, flexibel und offen bleiben und im Härtefall) denn es gibt Situationen, in denen ein Elternteil dem Kind nicht guttut!) für unser Kind kämpfen.

Von der ARD wünsche ich mir einen Film über eine Trennung, die für alle Beteiligten gut abläuft. Denn die gibt es auch.

Vielleicht könnten davon die Zuschauer mehr profitieren und etwas lernen. Anstatt dass mit Ängsten und extremen Darstellungen Hass und Missgunst geschürt werden.

Und nochmal: Das Wechselmodell ist keine Lösung für alle! Für Kinder, deren Bindungsfähigkeit noch nicht ausreichend entwickelt wurde, ganz bestimmt nicht. Darauf sollte der Fokus liegen, denn Bindung ist die Grundlage für all das, was im Leben eines Kindes noch kommen wird.