Viel Unsicherheit besteht bei Eltern rund um das Thema Kindergarten und KiTa, also rund um das Thema: Betreuung außerhalb der Familie. Leider ist es nicht immer leicht, festzustellen, ob das Kind sich in der Einrichtung wohl fühlt oder nicht.

Es gibt viele Missverständnisse rund um das Verhalten von Kindern während der Bringsituation, so dass Eltern nicht selten verunsichert werden.

Der Spruch: „Sobald Sie weg sind, hört das Kind auf zu weinen“, gehört zum Beispiel dazu.

Außerdem scheint es bei vielen Erziehern ein No-go zu sein, ein klammerndes Kind morgens wieder mit nach Hause zu nehmen.

„Wenn Sie ihr Kind ein Mal wieder mitnehmen, dann wird es NIE (hören Sie: NIE!!!) wieder hierbleiben wollen!“

Aaaargh, echt? Na dann würde aber etwas Fundamentales nicht stimmen. In dem Fall würde ich das Kind wohl auch nie wieder hierlassen wollen – oder eben mit der Eingewöhnung wieder von vorne anfangen.

Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Das Kind will Mama oder Papa in der Garderobe nicht loslassen. Es klammert, schaut traurig und vergräbt sich.

Sobald es angesprochen wird, versteckt es sich hinter Mama oder Papa.

Jede Situation ist so anders wie sie nur sein kann. Deswegen kann nur ein genauer Blick darauf die Lösung sein. Es gibt auch hier keine Pauschalaussagen. Aber es gibt Anzeichen, die beobachtet werden können.

Meine allererste Frage ist immer:

Wer ist die Hauptbindung deines Kindes im Kindergarten? Um wen kreist es? Von wem erzählt es? Wen nimmt es sich als Beispiel? Wer spielt die Hauptrolle? An wem orientiert es sich?

Dein Kind braucht mindestens eine erwachsene Bezugsperson. Eine, die es gern hat und die ihm wie selbstverständlich Schutz und Geborgenheit bietet. Also nicht nur auf Anfrage des Kindes.

Eine Person, die diese „ich bin da“ Haltung ausstrahlt.

Wenn dein Kind beginnt, zu sprechen wie die anderen Kinder, alles haben möchte, was alle anderen haben und Nachmittags am liebsten weiterhin mit seinen Freunden spielt, dann würde ich genauer hinschauen. Nehmen die Gleichaltrigen vielleicht eine zu wichtige Rolle ein? Freunde sind toll zum Spielen – aber sie können weder als Orientierung dienen, noch den nötigen Schutz und Halt geben.

Wenn dein Kind morgens direkt losrennt, um mit seinen Freunden zu spielen, ohne sich bei der Erzieherin seiner Wahl zu melden, dann wird es mit großer Wahrscheinlichkeit den Rest des Tages im „bindungsfreien“ Raum unterwegs sein. Es wird Bindungen haben, es geht gar nicht ohne. Dann sind es aber die anderen Kinder oder vielleicht sogar Spielsachen, auf die sich das Kind fokussiert.

Wie förderst du nun eine solche Bindung? Da gibt es viele Wege.

Allem vorausgesetzt ist, dass du eine gute Beziehung zu einem der Betreuer hast. Nette Worte, ein Lächeln, Wertschätzung und Dank. Du kannst bei deinem Kind viel über die Erzieher sprechen. Sie präsent halten. Etwas gemeinsam für sie basteln. Deinem Kind seine Erzieher ans Herz legen und umgekehrt. Ich sag zum Beispiel sehr häufig: „Ach, bin ich froh, dass wir Corinna haben!“, und ich meine das auch so.

Denn neue Bindungen werden bei Klein- und Vorschulkindern immer durch bestehende Bindungen eingeführt.

Das Kind kann nur jemanden mögen, den du magst, so dass die Beziehungen nicht konkurrieren müssen.

Ich bin ganz begeistert von den Erziehern meiner Kleinen und vermittle ihr das immer wieder. Dankbar bin ich, dass sie sie hat. Wenn ihre Haupterzieherin mal etwas länger ausfällt, dann hole ich nachmittags ein völlig anderes Kind ab. Sie ist dann unruhig, spricht nur im Befehlston und redet ununterbrochen über ihre Freunde, diese Tage sind anstrengend. Ich merke dann ganz deutlich, dass ihr der sichere Hafen gefehlt hat.

Versteckt dein Kind sich hinter dir und begrüßt seine Erzieherin nicht?

Das ist bei uns mit fast 6 Jahren immer noch so. Obwohl die beiden eine sehr innige Beziehung haben. Meiner Kleinen ist der Trubel morgens einfach zu viel. In dem Moment, in dem wir im Kindergarten ankommen, ist sie fest an mich gebunden. Ich muss den Staffelstab sozusagen erst weitergeben, um ihr zu ermöglichen, ihre Erzieherin anzuschauen und zu begrüßen. Denn Kinder in dem Alter haben meist nur eine aktive Bindung zur gleichen Zeit. Es ist meine Aufgabe, sie zu „übergeben“ und in die fürsorglichen Hände ihrer Betreuerin zu legen.

Das Verhalten bedeutet also nicht zwangsläufig, dass ein Kind nicht zur anderen Person gehen mag oder ähnliches. Oft beobachte ich, dass es auch darauf ankommt, was gerade im Kindergarten los ist. Wenn wir etwas später dran sind und ihre Freunde gleich auf sie zustürmen, dann wird die Übergabe und der Abschied besonders schwer. Sie hat dann keine Zeit zum Ankommen, da sie von den vielen Sinneseindrücken überfordert ist.

Zum Glück sind viele Erzieher so einfühlsam um die Zeichen richtig zu deuten und den Kindern die Zeit zu geben, die sie brauchen.

Was ist wichtig bei der Bringsituation im Kindergarten:
  • In Ruhe ankommen, eigene Rituale entwickeln
  • Selbst ein paar freundliche Worte mit der Erzieherin wechseln
  • Fokus des Kindes schon mal auf die nächste Begegnung lenken „Wenn ich dich abhole, dann drück ich dich erstmal ganz fest und dann…“
  • Andocken an die Erzieherin
  • Eventuell braucht das Kind hier noch viel Unterstützung. Das ist nicht ungewöhnlich
  • Dem Kind etwas geben, um an der Beziehung festzuhalten
  • Verabschiedung von Mama oder Papa (auch hier Rituale!)
Weint dein Kind beim Abschied und hört direkt auf, sobald du weg bist?

Dann kann auch das mehr als einen Grund haben. Eventuell fühlt es sich nicht geborgen und sicher genug, um seinen Tränen freien Lauf zu lassen. Auch Erwachsene weinen selten in Gegenwart von nicht vertrauten Personen.

Beruhigend wäre für mich eher, wenn mein Kind auf dem Schoß ihrer Erzieherin weiterweint, sich an sie kuschelt und noch ein wenig braucht, um anzukommen. Das würde mir zeigen, dass sie sich wohl fühlt und Trost annehmen kann. Ziel kann nicht sein, ihre Tränen und somit ihre Gefühle abzustellen.

Den Spruch : „Was für eine tolle Schauspielerin!“

musste ich hin und wieder von umherstehenden Erziehern hören. Ihnen klarzumachen, dass an dieser blöden Aussage Null Komma Nichts dran ist, war nicht einfach. Zu verankert ist noch die Annahme, dass Kinder manipulieren würden. Ich kann mit großer Überzeugung sagen: Wann immer mein Kind Probleme bei der Bringsituation hatte, gab es konkrete Gründe dafür. Mal ganz davon abgesehen, dass solch eine lange Trennung von der Hauptbezugsperson für viele Kinder einfach nicht ohne Probleme zu bewerkstelligen ist.

Meine Tochter habe ich ab und zu wieder mitgenommen, trotz der blöden Ratschläge und Blicke mancher Erzieher. Ich kenne mein Kind und weiß, wann es mich braucht und wann es ohne mich klarkommt. Sich dabei gegen die Meinung manch erfahrener Erzieher zu stellen war nicht einfach, aber wichtig. All die Prophezeiungen sind danach nie wahr geworden. Nachdem mein Kind sein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit gestillt und den ein oder anderen Entwicklungsschritt hinter sich hatte, blieb sie wieder liebend gerne im Kindergarten.

Mittlerweile ist es sogar so, dass sie ihre Erzieherin in den Ferien so sehr vermisst, dass sie die Ferien am liebsten ausfallen lassen würde.

Wie immer, wenn es um Menschen geht, gibt es keine Aussage, die auf jede Situation zutrifft. Ich hoffe, dir ein paar Perspektiven mit diesem Artikel aufgezeigt zu haben, so dass du wieder mehr auf dein Gefühl vertrauen kannst. Melde dich gerne bei mir, wenn dir noch weitere Missverständnisse rund um die Bringsituation im Kindergarten einfallen.