Mein Kind weint bei Abgabe im Kindergarten, schreiben mir verzweifelte Eltern, meist Mütter, immer wieder. Das Weinen ihrer Kinder morgens beim Abgeben in der KiTa ist schwer auszuhalten.
Auch ich kenne dieses Gefühl. Es ist schrecklich. Meine Intuition zeigte mir ganz deutlich, dass meine Kleine bei mir sein wollte und nicht in der KiTa. Dass diese Art der Betreuung eben für uns zu diesem Zeitpunkt nicht passte, war nicht zu übersehen.
Es gibt natürlich auch Kinder, die beim Abgeben weinen und sich vielleicht dennoch gut aufgehoben und sicher fühlen. Hier muss wirklich sehr differenziert hingeschaut werden. Tränen bei Trennungen von den Hauptbezugspersonen sind nicht ungewöhnlich, sogar hilfreich. So lange das Kind sich von einer erwachsenen, anwesenden Person trösten lässt und es sich sicher fühlt.
Es eigentlich besser zu wissen, das Kind aber dennoch dort lassen zu müssen, war nicht immer einfach. Schlimm, ich fühle mit jedem weinenden Mutterherz mit. Und mit den Kindern natürlich, denn für diese ist es sicher nicht leichter.
Kind weint bei Abgabe im Kindergarten – Lässt es sich trösten?
Dieser Zwiespalt ist schwer auszuhalten. Zu fühlen, dass es nicht optimal ist und das Kind dennoch da lassen, in der Hoffnung, dass es Trost findet.
Was kann ich diesen Eltern sagen? Es wird ihnen nicht gefallen. Kinder sind nicht für Trennung gemacht. Menschen sind nicht für Trennung gemacht.
Das ist so. Wenn unser wichtigstes Bedürfnis das nach Nähe und Geborgenheit ist, dann ist es doch nur zu logisch, dass ein Kind unter 3 Jahren sich nicht immer und auch nicht oft, freudestrahlend von der Hauptbindung löst.
Manchmal glückt es und die Erzieher gehören in das erweiterte Bindungsdorf der Kleinen. Aber eben nicht immer. Wie sollen 2-3 Erzieher die Bedürfnisse von 10-12 unter 3-Jährigen stillen? Das ist logistisch kaum möglich. Wenn das Kind bei der Abgabe im Kindergarten weint und es sich von einer Betreuungsperson trösten lässt, ist das ein Hinweis auf eine gute Verbindung.
Die Antwort auf Probleme mit Trennungen ist eine tiefere Bindung
Beschäftigt man sich mit den Bindungsstufen nach Neufeld wird klar, dass Trennung mit zunehmender Tiefe der Bindung einfacher möglich ist. Die Kinder bekommen mit jeder dazugewonnen Bindungstiefe mehr Möglichkeiten, Trennungen zu überbrücken und an Mama oder Papa festzuhalten.
Wir sollten uns von dem Gedanken verabschieden, dass wir KiTa unseren Kindern zuliebe tun, weil sie diese bräuchten.
Nein, KiTa ist doch viel eher für uns Eltern da. Weil wir arbeiten müssen und ja, auch weil wir mal eine Verschnaufpause benötigen. Denn ohne unsere Pausen können wir auch keine guten und verlässlichen Eltern sein. Es ist aber doch eine ganz andere Sichtweise. Wenn ich akzeptiere, dass mein Kind dahin muss, damit ich x,y,z, tun kann, dann nehme ich automatisch einen anderen Blickwinkel auf die Situation an.
Dem allem ist natürlich vorausgesetzt, dass die Kita zur Familie passt und das Kind eine verlässliche Betreuungsperson an seiner Seite hat.
Trotzdem ist es viel zu viel verlangt, zu erwarten, dass ein Kind sich freudig von seinen Eltern löst.
Das sollten wir einfach mal so akzeptieren.
Wenn wir uns dann für eine frühe Kita-Betreuung entscheiden (müssen), müssen wir mit diesem Zwiespalt umgehen und das Kind in seinem Frust darüber begleiten.
Es darf frustriert sein, es darf wütend und verletzt sein. Wenn es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht gewappnet fühlt, den halben Tag mit ebenso unreifen Gleichaltrigen zu verbringen. Und es darf bei der Abgabe im Kindergarten weinen.
Wenn ich an den ganzen Frust denke, den ich an KiTa-Tagen erleben musste, zieht sich heute noch alles zusammen. Es war wirklich schlimm, wie meine Tochter auf das alles reagiert hat.
Und natürlich sollten Eltern darauf hinarbeiten, die Beziehungen des Kindes zu den Betreuungspersonen zu vertiefen. Wenn die Einrichtung überhaupt nicht zu euch passt, euer Kind keinerlei Freude zeigt und einfach nie dortbleiben möchte, solltet ihr euch nach einer Alternative umschauen. Ich weiß, das ist leichter gesagt, als getan. Euer Kind wird es euch danken.
Aus heutiger Sicht würde ich es komplett anders machen.
Diese Situation musste ich sehr betrauern. Ich fühlte mich, als wären mir die Hände gebunden. Ich war Alleinverdienerin und musste für meine Kleine und mich sorgen.
Ein gutes Gefühl hatte ich dabei selten. Im Nachhinein denke ich, ein Wechsel zu einer Tagesmutter wäre in unserem Fall vielleicht gut gewesen, vielleicht aber auch nicht. Sowieso, es ist zu spät.
Heute weiß ich, dass die Eingewöhnung viel zu schnell abgehakt wurde und meine Tochter dadurch keine verlässliche Bindungen an die Erzieherinnen aufbauen konnte. Zum Glück kam eine neue Mitarbeiterin (Kinderkrankenschwester, keine Pädagogin, tatsächlich), die eigene Kinder hatte und sehr herzlich war. Zu der hatte unsere Kleine direkt einen guten Draht. Von da an ging es aufwärts.
Dennoch, auch wenn alles super ist, die Kita auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht, ist es zu viel verlangt zu erwarten, dass Kinder sich gerne trennen. Tränen sind also absolut nicht ungewöhnlich.
Entscheiden wir uns für die KiTa unter 3 Jahren müssen wir uns im Klaren darüber sein, dass es eventuell nicht immer ist, dass wir aber trotzdem viel tun können, um unser Kind da möglichst gut durchzubekommen. Allem voran müssen wir darauf bestehen, dass die Eingewöhnung so lange stattfindet, bis das Kind sichere Bindungen zu den Betreuungspersonen aufgebaut hat. Manchmal müssen wir uns dafür behaupten und durchsetzen.
Selbst die Expert*innen für unsere Kinder sein.
Das A und O sind die Bindungen, die das in der Kita und im Kindergarten aufbauen kann. Darauf sollten wir den Fokus legen und das Kind darin unterstützen, die anwesenden Erwachsenen ins Herz zu schließen
Weder bin ich pro KiTa, noch dagegen. Es ist eine Notwendigkeit unserer Zeit und unserer gesellschaftlichen Struktur, unsere Kinder betreuen zu lassen. Es wäre absurd, dagegen zu sein, denn was dann?
Schön wäre es, wenn Kitas uns Kindergärten bessere Bedingungen bekämen, so dass sie für die Kinder da sein können, wie diese es brauchen und die meisten Erzieher*innen es so gerne leben würden.
Mich stört einfach nur die Sichtweise, dass Kinder frühe Fremdbetreuung benötigen würden. Ich habe noch keinen Beweis dafür gesehen, dass das so ist. Meine Intuition und mein gesunder Menschenverstand zeigen mir aber deutlich, dass viele kleine Kinder mit einer so frühen Betreuung oft maßlos überfordert sind.
Dann ist es an uns hoffentlich reifen Erwachsenen, diese Kinder mit all ihren emotionsgetriebenen, verstörenden Verhaltensweisen aufzufangen und für sie da zu sein.
Die sekundäre Trennung (Reaktion auf Verhalten, das aus Trennung resultiert) können wir so gut wie immer reduzieren.
5 Dinge, die du konkret tun kannst:
- Auf eine tiefe Bindung mit den Erzieher*innen hinarbeiten indem du selbst eine gute Beziehung zu diesen aufbaust und dem Kind erzählst, wie sehr du seine Betreuungspersonen magst.
- Prüfen, ob die Einrichtung zu euch passt und eventuell eine Alternative suchen
- Beim Abschied auf das Wiedersehen fokussieren „Wenn ich dich abhole, drücke ich dich ganz fest und wir…“
- Trennung überbrücken: Beim Mittagessen denke ich an dich und schicke dir einen Kuss, machst du das auch?
- Dem Kind ein Überbrückungsobjekt mitgeben. Kuscheltier, Schal von dir, ein Photo der Familie. Abschiedsritual: Verabschiedet euch jeden Morgen auf die gleiche Weise. z.B. Kind schubst dich aus der Tür / Du übergibst das Kind in den Arm der Lieblingserzieher*in, / Du ziehst ihm noch die Hausschuhe an und bringst es dann zur Betreuungsperson)
Wenn dein Kind unter 7 Jahren alt ist und du alleinerziehend bist, dann wird dir dieses Video einige AHA-Momente bescheren:
In dem Video erfährst du 3 wichtige Dinge:
- Weshalb die 3 gängigen Umgangsmodelle Residenzmodell, Wechselmodell und Nestmodell nur als grobe Richtschnur dienen können.
- Weshalb Kleinkinder und Vorschulkinder bei der Trennung der Eltern besondere Begleitung brauchen.
- Weshalb der Satz „Die Kinder leiden am meisten“, unreflektierter Bull*it ist.
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