Quelle Fotos: Doku „No more Boys and Girls“

„Mein Vater hat nicht einmal gelernt, wie man ein Bett macht.“

„Frauen sind eher für Putzen und Kochen geeignet.“ Zwei Zitate von Grundschülern aus der oben genannten Doku.

Das Thema Geschlechterklischees ist eins, das mich schon viele Jahre beschäftigt.

Wahrscheinlich, weil ich selbst so ein Mädchen war. Nämlich eins, das in diesen engen Rahmen nie reingepasst hat. Weder mit 2 Jahren, noch mit 5 oder 14 Jahren. Immer war ich irgendwie anders, als von mir erwartet wurde. Anders als die anderen Mädchen.

Waren sie wirklich so? Oder haben sie sich den Erwartungen angepasst?
Wild, schnell, sportlich und am liebsten mit Jungs zusammen. Die schienen so schön unkompliziert und unterhielten sich nicht ständig über Schönheitstipps. Ansonsten war ich auch sehr gerne einfach alleine.

 

Seitdem ich Mama bin werde ich regelmäßig mit diesen Geschlechterklischees konfrontiert.

 

Meist versuche ich wegzuhören, aber es gelingt mir nicht immer.

Gerade, wenn Mütter von Jungs über ihre wilden Jungs berichten, meist mit dem Zusatz „so sind eben Jungs“. Als könne ich das, als Mädchenmama, überhaupt nicht verstehen.

Dabei habe ich ein Mädchen, das so keinem dieser Klischees entspricht. Es klettert höher als jeder Junge. Die Knie sind blau und aufgeschürft. Schuhe halten nie länger als 3-4 Monate und sowieso geht sie am liebsten ohne los.

Ihr bester Freund macht erst gar keine Wettrennen mehr mit ihr, weil er eh keine Chance hat und auf Kräftemessen hat er auch keine Lust mehr. Einfach alles, was als typisch Mädchen gilt, stellt sie in Frage. Nicht bewusst, aber eben unbewusst, mit dem, wer sie ist und mit dem, was sie tut.

Genauso wie diese wilde, starke Seite hat sie aber auch die weiche, fürsorgliche Seite. Eben beides. So wie die meisten Jungs auch – wenn wir sie lassen und wenn wir genau hinschauen.

Ich wünsche mir, dass Kinder wieder Kinder sein dürfen.

Das Kind eben, als das sie geboren sind. Dass sie alle Seiten ausleben können und dass Überraschendes nicht immer kommentiert wird. Denn das gibt den Kindern das Gefühl, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.

 

Wann warst du das letzte Mal im Kaufhaus in der Kinderabteilung?

 

Bei mir ist das bereits eine Weile her. Beim letzten Mal hab ich das Kaufhaus fluchtartig verlassen, weil ich es mir einfach nicht mehr geben kann. So festgefahren sind die Rollen, die bereits kleine Kinder auf ihren Klamotten vorfinden.

Zusammenfassend kann man sagen für Jungs gilt: Hauptsache erfolgreich während für Mädchen gilt: Aussehen ist alles.

Wundern wir uns da wirklich darüber, dass die Frauenquote nicht so wirklich erreicht wird? Wundern wir uns darüber, dass Männer als stark und hart herüberkommen?

Shampoos, Duschgels, Cremes – hast du dir die mal genauer angeschaut?

Bei den Jungs gibt es immer die coolen Piraten oder ähnliches. Sie sind völlig vertieft in ihrem Abenteuer, während den Betrachter von den Verpackungen für Mädchen schöne Prinzessinnen, schon fast unterwerfend anschauen.

Drei Mal darfst du raten, welche hier gekauft wird. Gar keine – wir nutzen nur noch Seife ohne Plastikmüll und lieb lächelnden Prinzessinnen oder wilden Piraten.

 

Wie absurd ist das bitteschön?

 

Sind Jungs anders schmutzig als Mädchen, so dass sie eigenes Shampoo und Duschgel benötigen? Hat sich darüber mal jemand Gedanken gemacht?

Und wieso ist das für Jungs oft blau?

Kennst du den Impuls, der in dir hochkommt, wenn du mit deinem Kind vor 2 Produkten stehst. Nehmen wir mal an, du hast einen Jungen. Es gibt 2 Handtücher zur Auswahl.

Auf einem sind Autos von Cars abgebildet, auf dem anderen Bibi und Tina. Nun wählt er Bibi und Tina in pink aus. Welche Emotion wird in dir getriggert? Gibst du diesem Impuls nach?

Irgendwie haben es Mädchen einfacher, sich mit Jungs-Sachen zu zeigen. So war das bei uns nie Thema.

Ok, die paar blöden Kommentare über die Schuhe mit den Dinosauriern oder dem Pulli von Cars steckt meine Kleine mittlerweile weg. Aber ein Junge in einem Bibi & Tina Shirt hätte es da bestimmt schwerer.

 

Außerdem wird darin auch deutlich, dass Mädchen und Jungs bis zur Pubertät gleich stark sein können.

 

Es kommt aber auch heraus, dass die Mädchen sich für schwächer halten und die Jungs sich für stärker. Obwohl sie das nicht unbedingt sind.
Anlass zu diesem Artikel gab eine Unterhaltung, die ich mit meiner 6-Jährigen führte:

Und zwar stellte ich ihr dieselben Fragen, wie sie den Kindern in der Doku gestellt wurden:

„Sind Mädchen stark?“ „Ja!“
„Sind Jungs stark?“ „Ja.“
„Sind Mädchen schön?“ „Ja.“
„Sind Jungs schön?“ „Nur meine Freunde.“
„Sind Mädchen lieb?“ „Ja.“
„Sind Jungs lieb?“ „Manchmal.“
„Können Männer kochen?“ „Ja.“
„Können Frauen kochen?“ „Ja.“
„Wer sollte lieber kochen?“ „Frauen, weil die das besser können und Jungs immer nur toben.“

Bammm…soviel dazu…ich gebe mir große Mühe, zu vermitteln, dass es viele Unterschiede gar nicht gibt. Ganz frei können wir unsere Kinder wohl nicht von diesen Annahmen halten.

Ein Zitat aus oben genannter Doku bringt es auf den Punkt, was geschlechterspezifische Erziehung mit unseren Kindern macht:

„Ihre gesamte Individualität wird verkürzt und eingeschränkt auf das, was in der jeweiligen Zeit und Kultur als typisch männlich oder typisch weiblich gilt.“
-Petra Focks- (Erziehungswissenschaftlerin)

Was können Eltern tun?

Die ganze Palette anbieten. Bei den Spielsachen nicht direkt in die jeweilige Geschlechter-Ecke gehen, sondern das Kind selbst steuern lassen, wohin es geht. Wenn es untypische Wünsche hat, erfüllen. Nicht alles kommentieren. Einfach Sein lassen.
Es sollte normal sein, dass Jungs mit Puppen spielen und Mädchen Legobausätze mögen.

Dadurch, dass meine Kleine viele Jungs hat, mit denen sie spielt, interessiert sie sich für Fußball, Dinosaurier und Lego. Mit ihrer Freundin spielt sie wieder ganz andere Dinge.

Ich bin mir sicher, Kinder profitieren davon, ganz viele verschiedene Rollenvorbilder zu haben und auch verschiedene Kinder, mit denen sie spielen. Verschiede Herkunft, Alter, Geschlecht, Lebenssituationen. Eben bunt gemischt. So entdecken sie viele verschiedene Facetten bei sich selbst und am Ende irgendwann sich selbst.

 

Nur die Vielfalt ermöglicht es Menschen, die vielen verschiedenen Seiten an sich zu entdecken.

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