Kind will nach Trennung bei Vater wohnen bleiben

Ihr fragt – Ich antworte :

Unser Kind will nach der Trennung nicht mit mir umziehen, sondern bei seinem Vater im Haus wohnen bleiben

 

Neulich bekam ich eine Mail mit dieser Frage: 

Wir sind dabei uns zu trennen und unsere 7-jährige Tochter möchte im Haus bleiben. Ich habe jedoch den Großteil der Care-Arbeit in den letzten sieben Jahren übernommen und bin die primäre Bindungsperson.

Der Vater wird im Haus bleiben, da er dies finanziell stemmen kann und ich nach der Trennung das Haus alleine nicht halten könnte.

Also werde ich in eine kleinere Wohnung ziehen, in der aber natürlich Platz für unsere Tochter ist.

Nun bin ich wirklich ratlos und frage mich, wie ich mit dem Wunsch unserer Tochter umgehen kann. Es sprechen viele Punkte gegen den Verbleib im Haus, nicht nur organisatorische.

 

Meine Gedanken dazu:

 

Mit sieben Jahren kann eure Tochter noch nicht absehen, was mit dem Auszug auf sie zukommen wird.

Jede Veränderung macht erstmal Angst und verunsichert. Wahrscheinlich hat eure Tochter ihr ganzes Leben in dem Haus gewohnt, es ist ihr bisheriges Zuhause.

Ihre Reaktion ist somit mehr als verständlich.

 

Die ersten Fragen die mir zu der Situation in den Kopf kommen, sind diese:

  • Weiß euer Kind denn schon, wohin du mit ihr ziehen möchtest? 
  • Kennt das Kind das potentiell neue Zuhause? 
  • Hat es eine konkrete Vorstellung davon, wie es in Zukunft leben wird?
  • Habt ihr ihm versichert, dass ihr beide weiterhin für es da sein werdet und dass es regelmäßig Zeit jedem von euch verbringt?
  • Weiß sie schon, wie es in der neuen Wohnung mit ihren Hobbies und sonstigen Freizeitaktivitäten weitergehen würde?

 

Besuche die neue Wohnung gemeinsam mit ihr, zeige ihr ihr neues Zimmer und frage sie, wie sie es gerne einrichten würde.

Beziehe eure Tochter in die Gestaltung des neuen Zimmers ein. Zeige ihr, wie nah es vom bisherigen Zuhause entfernt ist und wie lange ihr braucht, um von der Wohnung zum Haus zu kommen.

 

An erster Stelle würde ich versuchen, herauszufinden, was genau hinter dem Wunsch steckt.

 

Wobei, das wäre der zweite Schritt. Zuerst würde ich ihr Verständnis entgegenbringen und ihr deutlich zeigen, dass es völlig in Ordnung ist, diesen Wunsch zu äußern.

Möchte sie lieber beim Vater wohnen oder geht es rein um das Haus, aus dem sie nicht ausziehen möchte?

Es kann so vieles dahinterstecken.

Vielleicht ist es erstmal eine Trotzreaktion. “Macht euren Sch…doch alleine. Nur weil ihr euch trennt, muss sich für mich nicht alles ändern.”

Oder vielleicht macht sie sich Sorgen, weil ihr Papa dann ja alleine in dem großen Haus wohnt.

Oder sie hat Angst, ihre Freunde nicht mehr einfach so treffen zu können, weil sie noch nicht weiß, wo sie wohnen wird. 

 

 

Deswegen ist es wichtig, klar und deutlich mit eurer Tochter zu kommunizieren.

 

Es macht sicher auch Sinn, dass du mit dem Vater des Kindes vorab klärst, wie ein Betreuungsmodell aussehen könnte.

Wie viel Zeit kann eure Tochter bei wem verbringen? Wer kann welche Verantwortung übernehmen und wie regelt ihr eure sonstigen Verpflichtungen?

In Zeiten, in denen sich so vieles ändert, ist es für Kinder wichtig, auf all das den Fokus zu legen, das gleich bleiben wird.

Die Beziehungen zu den Eltern und den anderen Menschen, z.B. Hobbys, Schule, Freizeit, Freunde.

Und dann vielleicht ganz pragmatisch erklären, weshalb das Kind nicht beim Papa bleiben kann.

Was sind die Gründe? Gibt es überhaupt welche oder wäre es vielleicht dennoch eine Option?

 

 

Am Ende trefft ihr die Entscheidung darüber, wo euer Kind nach der Trennung leben wird

 

Mit ihren sieben Jahren kann eure Tochter diese weitreichende Entscheidung nicht treffen.

Das Gute an Entscheidungen ist auch, dass sie immer wieder mal hinterfragt werden dürfen.

Wenn ihr merkt, dass das gewählte Betreuungsmodell nach der Trennung nicht das richtige für euch war, könnt ihr Anpassungen vornehmen und ausprobieren, ob ein anderer Weg besser für euch ist.

Ich  hoffe, das hilft ein wenig.

 

 

Das Kind darf das alles richtig doof finden und ihr dürft dafür Verständnis aufbringen.

 

Es muss nicht überzeugt werden, dass alles gut werden wird. Denn jetzt ist im Moment gar nichts gut.

Es kommen aber auch wieder andere Zeiten und sobald die Erwachsenen sich in der neuen Situation zurechtfinden und ihr Leben in die Hand nehmen, wird auch euer Kind mit der Trennung und den neuen Lebensumständen klarkommen.

Gebt ihm Sicherheit und Zeit. Dabei hilft es, wenn vieles gleich bleibt und bestehende Bindungen weiterhin wichtig bleiben und gepflegt werden.

Und dann gilt es noch, Gefühle auszuhalten, zu begleiten und dem Kind zu signalisieren:

“Ja, die Trennung ist schwer und im Moment haben wir es nicht leicht. Aber wir schaffen das dadurch, dafür sorge ich.”

“Ja, ich verstehe, dass es richtig doof für dich ist, umzuziehen. Das fällt den meisten Menschen schwer. Es muss aber sein und wir schaffen das gemeinsam.“

Natürlich gibt es wie immer bei Trennungen keine pauschale Antwort.

Alles hängt von dem Verhältnis zwischen euch Erwachsenen ab. Wenn ihr Dinge miteinander klären könnt und an einem Strang zieht, werdet ihr einen guten Weg finden.

Wenn nicht, werdet ihr es ebenfalls schaffen, wenn du dein Kind dabei gut begleitest, ihm Sicherheit gibt, indem du wichtige Entscheidungen triffst und klare Strukturen schaffst.

Alles Liebe für die kommende Zeit,

Andrea

PS: In meinem Videokurs lernst du, was Kinder unter sieben Jahren brauchen, wenn ihre Eltern sich trennen und wie du dein Kind gut durch diese Zeit begleitest.

Mehr Infos dazu findest du hier:

 

 

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