Der Alltag einer alleinerziehenden Mama…
…ist oft herausfordernd, so dass uns einiges entgeht, weil wir unseren Fokus einfach auf den für uns in dem Moment vermeintlich wichtigen Dingen haben.
Im Kopf arbeiten wir die To-do Liste ab, während wir uns mit unseren Kindern unterhalten.
Unzählige Male war ich mit meinem Kopf schon bei der Organisation des nächsten Tages, während meine Kleine noch tief versunken in der Geschichte ist, die ich ihr gerade vorgelesen habe. Vorgelesen, ohne zu registrieren, um was es dabei ging.
So krass, bevor ich Mutter wurde, war mir nicht bewusst, dass ich ganze Bücher laut vorlesen konnte, ohne auch nur ansatzweise zu verstehen, um was es bei der Geschichte geht.
Oft staune ich und bin baff, wenn ich sehe, was wir Erwachsenen alles von Kindern lernen könnten, wenn wir wollten.
Es gibt so vieles, in dem meine Tochter so viel cooler ist als ich.
Leider lässt der Alltag einer alleinerziehenden Mutter oft nicht genug Raum, diese Fähigkeiten zu bestaunen.
Mein Kind lebt im Hier und Jetzt, sein fehlendes Zeitgefühl sorgt hier immer wieder für Stress, dabei ist es so erstrebenswert, einfach mal die Zeit zu vergessen.
„MAMA, wenn du jetzt nochmal sagst, ich hätte keine Zeit, dann mach ich NOCH!!! laaaangsamer, MAMA!“
Wieso ich dann in Schweißausbrüche verfalle und mich aufrege, weiß ich gar nicht. Schließlich komme ja nicht ICH zu spät zur Schule, sondern sie. Ja, da darf ich noch etwas mehr Gelassenheit üben.
Es wäre nun echt langsam mal an der Zeit, dieses Pünktlich-sein-MÜSSEN-Gen und dieses auf-mich-ist-Verlass-Gen abzuwerfen. Ich arbeite dran, meine Tochter ist die beste Lehrmeisterin, die ich mir vorstellen kann. Gelassenheit, die kam im Alltag als alleinerziehende Mutter in den letzten Wochen etwas zu kurz.
Meine Tochter macht ganz instinktiv, ohne Anstrengung das, was wir Erwachsenen in teuer bezahlten Meditationskursen und ähnlichem wieder erlernen wollen.
Sie ist im Hier und Jetzt, lässt sich in ihre Phantasiewelten ziehen, ohne es zu merken.
Mensch, was wäre ich so gern mal Kind für einen Tag.
Und so nehme ich mir für heue Nachmittag vor, mich mit ihr treiben zu lassen, wohin auch immer. Es wird wahrscheinlich nicht lange dauern, bis mir meine Vernunft in den Weg kommen wird, aber ich werde mir Mühe geben.
Ich schweife ab. Das ist irgendwie auch typisch im Alltag einer alleinerziehenden Mutter?!
Hast du auch immer viele Baustellen gleichzeitig, fängst einen Gedankengang an, wirst unterbrochen und vergisst komplett, was du eigentlich gerade gemacht hast.
Das nimmt bei mir manchmal Ausmaße an, die mir Sorgen bereiten.
Heute Morgen habe ich auf dem Wochenmarkt meinen Geldbeutel am Gemüsestand liegengelassen. Oder gestern hab ich wieder mal ewig lang mein Handy gesucht. Sowieso bin ich ständig am Suchen Bitte sage mir, dass das nicht nur hier so ist.
So, aber nun, ganz konzentriert zu dem, was ich dir eigentlich berichten wollte.
Eigentlich wollte ich dir von einer anderen Eigenschaft erzählen.
Beharrlichkeit. Ja, wahrscheinlich ist das der Begriff dafür.
Beharrlichkeit, ich erzähl dir mal wieso ich seit gestern über diesen Begriff nachdenke.
Vor 4 Wochen haben wir zufällig im Radio ein Gewinnspiel gehört. Ich, ehrlicherweise nur mit halbem Ohr. Na ja, die 8 Ziffern der Telefonnummer konnte ich mir nicht schnell genug merken, zumindest nicht während meine Kleine mich aufgeregt mit Fragen bombardiert hat.
Wir haben die Gewinnchance verpasst. Meine Tochter war not amused über die fehlende Merkfähigkeit ihrer Mutter.
Seitdem spricht meine Tochter davon, dass sie unbedingt bei dem Gewinnspiel im Radio mitmachen möchte. Und sie kann da wirklich beharrlich sein.
Na ja, im Internet fand ich keine Uhrzeiten für das Gewinnspiel und so überließ ich es dem Zufall. Wir sitzen sehr selten gemeinsam im Auto und hören somit nicht oft Radio.
Gestern dann, erneut die Ansage, dass demnächst dieses Gewinnspiel kommen würde. Na toll, bei fast Minusgraden waren wir somit ans Auto gefesselt.
Nie, nie, niemals hätte ich meine Tochter dazu bewegen können, auszusteigen.
Auch nicht, wenn wir eine Stunde hätten warten müssen. Ganz im Gegenteil, sie überredete mich, direkt anzuhalten und zu warten, warten, warten. Und sie ist in anderen Situationen echt kein geduldiges Kind. Und die Nummer vorab im Internet rauszusuchen.
Sie hatte einen Plan und der würde umgesetzt werden!
Tja, und ich? Maximal genervt, den Kofferraum voller Einkäufe und den Kopf voller To-Do-Listen. Alltag einer alleinerziehenden Mama eben.
Irgendwann war es dann so weit. Mein Erwachsenenkopf war schon dabei, meine Tochter darauf vorzubereiten, dass sie eventuell nicht drankommen wird, weil da noch ganz viele andere Kinder anrufen und zack….!
Ist sie im Radio, sagt die Lösung und hat gewonnen.
Eine Brotdose, die wir nicht brauchen, eine Trinkflasche, die wir nicht brauchen und eine Tüte voller Multivitamin für die ganze Familie, die nicht schaden. Sie hat sich so gefreut. Und ist das nicht toll! Ein Ziel, über Wochen, mit solch einem Eifer zu verfolgen und sich dann so unbändig zu freuen, einfach so. Sie war so stolz.
Ich hoffe sehr, dass das Paket zeitnah kommt. Drei Mal darfst du raten, wer seitdem 100 Mal danach gefragt hat.
Ich nehme mir vor, sie beim nächsten Mal nicht von ihren Zielen abbringen zu wollen, auch wenn sie so gar nicht in meinen Kram passen und ich wirklich, wirklich, wirklich keine weitere Brotdose mehr in dieser Wohnung haben möchte.
Wieso erzähle ich dir das alles? Wahrscheinlich weißt du, dass du dir oft selbst im Weg stehst.
Dass du dich, genauso wie ich, of über Dinge aufregst oder dir Stress machst, der nicht nötig ist. Und trotzdem machen wir es.
Vielleicht schaffe ich es, in Zukunft geduldiger zu sein, mit mehr Wohlwollen und Faszination die Beharrlichkeit meiner Tochter zu schätzen.
Als ein großartiges Geschenk.
Bei der Recherche nach dem Wort Beharrlichkeit habe ich realisiert, wie wichtig diese Eigenschaft für unseren Weg ist. Eigentlich ist sie eine, der wichtigsten.
Wenn wir Durchhaltevermögen haben, um unseren Weg zu verfolgen, dann kommen wir früher oder später ans Ziel. Aufgeben wäre für mich der einfachste Weg gewesen aber hey, heute feiere ich meine 8-jährige Tochter, die weiß, was sie will und dann wie in einem Korridor diesem Ziel entgegenläuft, komme was wolle. Wenn sie sich diese Eigenschaft beibehält, wird sie ihren Weg gehen.
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