Alleinerziehende Mamas scheinen sich besonders gut zusammenreißen zu können, so mein Eindruck.
Überall wird Optimismus und Resilienz als das Non-Plus Ultra gefeiert.
Das Glas halb voll und nie halb leer sehen, alles durch eine rosarote Brille kuschelig weich färben.
Und bloß nicht jammern. Ich würde mir wünschen, alleinerziehende Mamas würden sich nicht immer so zusammenreißen.
Dankbar sollen wir sein, Gründe haben wir genügend.
Vergleich dich nicht mit denen, denen es besser geht, sondern mit denen, denen es schlechter geht und davon finden wir auf der Welt ja genügend Menschen.
Schließlich haben wir das Recht auf Jammern schon dadurch verloren, dass wir in Europa geboren wurden.
Also echt, Mädels, Zähne zusammenbeißen und durch…So kommen mir die Ratschläge von oberflächlichen Optimisten manchmal vor.
Sehr empathisch….nicht!
Allen Gefühlen Raum geben, liebe alleinerziehenden Mamas
Wir kommen schon mit unseren eigenen, unerwünschten Gefühlen schlecht zurecht, wie sollen wir es schaffen, wenn auch noch unser Gegenüber unangenehme Gefühle bei uns ablädt?
Wie sollen wir mit den heftigen Gefühlsausbrüchen unserer Kinder klarkommen, wenn wir unsere eigenen Gefühle unterdrücken.
Zähne zusammenbeißen und durch ist kein sinnvoller Weg, um mit den eigenen Emotionen umzugehen.
Denn Emotionen verschwinden nicht, nur weil wir sie nicht mehr fühlen.
Sie brechen aus, an der ein oder anderen Stelle.
Dann doch lieber einen sicheren Ort haben, an dem wir unseren Frust abladen können, als dann unkontrolliert zu explodieren nur weil unser Nachwuchs gerade die Wand mit Filzstiften verschönert.
Wie Resilienz entsteht
Menschen, die immer nur freudestrahlende Gesichter erwarten und dulden, haben nicht verstanden, wie Resilienz entsteht.
Resilienz und Widerstandskraft kommt nämlich nicht dadurch zustande, dass wir uns die Welt schönreden.
Dass wir den Fokus auf das Positive lenken und das Negative fernhalten. Ein Herz, das vor allen schmerzhaften Emotionen geschützt ist, verhärtet. Dann bauen wir eine Mauer um uns herum, die uns vor unerwünschten Gefühlen schützt.
Nur lässt die Mauer irgendwann gar keine Emotionen mehr durch und so spüren wir nach und nach auch keine Freude und keine Zufriedenheit mehr.
Denn selektiv, bestimmte Gefühle zu unterdrücken, funktioniert nicht. Es werden alle Gefühle unterdrückt. Oft merken wir das erst gar nicht.
Resilienz entsteht doch viel eher da, wo wir all unsere Emotionen durchleben und als Gefühle empfinden.
Da, wo wir ihnen Raum geben und sie uns bewegen lassen. Da, wo wir keine Angst vor Trauer und Tränen haben.
Resilient ist, wer durch schwierige Zeiten hindurchgeht, mit all ihren herausfordernden Emotionen und am Ende des Tunnels das Licht sieht.
Natürlich ist es sinnvoll, dass wir vor zu vielen Emotionen zeitweise geschützt sind.
Denn manchmal ist es zu viel. Nur, wenn wir nie Feierabend haben und somit nie in uns hineinspüren und uns von dem bewegen lassen, was in uns bewegt ist, dann kann es schwierig werden. Emotionen müssen gefühlt werden.
Vor dem Ausdrücken, kommt das Fühlen.
Gerade alleinerziehenden Müttern fehlt oft die Zeit und vor allem auch die Energie, um ihr Innenleben zuzulassen.
Vor den Kindern reißen sie sich den ganzen Tag zusammen und am Abend sind sie oft genug fix und alle vom Tag und wollen nur noch ihre Ruhe. So geht es mir zumindest an vielen Tagen.
Wenn Alleinerziehende dann noch Kinder mit intensiven Gefühlen und den ein oder anderen Ausbrüchen haben, bleibt noch weniger Raum für eigene Gefühle.
Übrigens haben Kinder, die den ganzen Tag außer Haus sind und am Abend dann noch in den sozialen Medien unterwegs sind, kaum Feierabend.
Kaum Luft, um den Schutzpanzer abzustreifen und mal in sich hinein zu fühlen.
Dabei sind Pausen so wichtig. Pausen an einem Ort, an dem wir mit all unseren Gefühlen sein können. An einem Ort, an dem wir keine Verletzungen zu fürchten haben.
Der Umgang mit schwierigen Situationen in unserer Gesellschaft gefällt mir überhaupt nicht.
Es ist doch normal, dass ein Mensch nach einer Trennung erstmal in ein Loch fällt. Danach kann nicht immer alles Glitzer und Konfetti sein.
Zuversicht ausstrahlen ohne die eigenen Gefühle zu leugnen
Klar, für unsere Kinder sollten wir stark sein. Sie sollten das Gefühl haben, dass wir alle das zusammen durchstehen und schaffen.
Dass wir es uns schön machen werden und wir zusammenhalten.
Dass die Erwachsenen stark genug sind, sie durch dieses unruhige Fahrwasser zu steuern.
Kinder brauchen das Gefühl, einen Fels in der Brandung zu haben.
Deswegen ist es sicherlich nicht falsch, vor unseren Kindern so stark zu sein, wie wir eben können.
Aber genauso wichtig ist es, einen Ort zu haben, an dem wir schwach ein dürfen. Schwach sein können.
Wo kannst du deine Verletzlichkeit zeigen? Wo kannst du offen über deine Belastungen und deinen Ärger sprechen? Hast du einen Ort an dem du weinen kannst?
Vielen Alleinerziehenden fehlt dieser Ort zum Jammern, und oft auch diese Zeit. Dabei ist es enorm wichtig für die emotionale Gesundheit, all seinen Emotionen Raum zu geben. Das zählt nicht nur für die Emotionen unserer Kinder.
Denn wie gut kann eine Mutter das Jammern ihrer Kinder ertragen und auffangen, wenn sie selbst ihr eigenes Jammern wegrationalisiert.
Manchmal ist alles Mist und das muss auch gesagt werden dürfen.
Spielen – Der Rettungsanker der Natur
Hier kann uns auch das „Spiel“ retten. Denn Spiel ist eine der Antworten der Natur, wie wir mit Emotionen umgehen können. Im Spiel geht es nicht um ein Ergebnis, es geht um das bewegt sein von Emotionen. So kann jede Mama ihren kreativen Spielplatz entdecken.
Wo ist dein emotionaler Spielplatz?
Vielleicht fällt dir etwas ein, was du in deiner Kindheit gemacht hast, wenn es dir nicht gut ging?
Ich habe meine Zimmertür zugeknallt und Flöte gespielt, bis es mir wieder besser ging. Musik ist ein wunderbares Mittel, um die eigenen Emotionen rauszulassen.
Seit vielen Jahren schreibe ich und das lässt mich meine Emotionen ebenso ausleben.
Dank meiner Tochter hab ich das Töpfern für mich entdeckt. Oder das Gestalten. Kinder verfallen ganz natürlich in freie Spiel, wenn sie sich sicher fühlen und den Raum und die Zeit dafür haben. Vielleicht kannst du dich von deinen Kindern leiten lassen?
Meine Tochter und ich schreiben gerade an unserem ganz persönlichen Kinderbuch, das vollgepackt ist von Emotionen.
Es geht um Trennung, um das Weglaufen, um gruselige Begegnungen und um das Wiederfinden. Um das Band zwischen Mutter und Kind.
Anfangs hat mich das Projekt genervt, aber zum Glück ist meine Tochter sehr beharrlich, was das angeht.
Mittlerweile macht es einen Riesenspaß und die Geschichte wächst immer weiter. Vielleicht hin zu einer unendlichen Geschichte…in der all unsere Emotionen einfließen und uns somit nicht mehr weiter quälen.
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