Ist Petzen erlaubt oder nicht? Was ist Petzen überhaupt? Dass ich überhaupt so früh mit dem Thema konfrontiert werde, finde ich schon absurd.
Immer wieder höre ich Mütter und Väter zu ihren 3-6 Jährigen sagen, sie sollen doch nicht immer petzen.
Was sollen denn die Kinder sonst machen, anstatt sich einem Erwachsenen anzuvertrauen?
Natürlich kann meine 4-Jährige noch keine Konflikte lösen oder mit verletzenden Situationen alleine klarkommen.
Sie braucht mich doch, um ihrer Wut und Trauer Ausdruck zu verleihen, und um das Geschehene zu besprechen und um darüber hinwegzukommen.
Wollen wir denn wirklich Kinder, die alles in sich hineinfressen und mit sich selbst ausmachen?
Kinder, die so verhärten, dass sie mit 6 Jahren bereits Sätze sagen, wie „Ist mir doch egal!“
Nein, ich will ein feinfühliges Kind, das nah an seinen Gefühlen dran ist. Das seine Gefühle spürt und diese dann irgendwann auch benennen kann.
Ein Mädchen, das stark ist, wenn es sein muss und das Schwäche zulässt, wenn es kann.
Nämlich in seinen zuverlässigen Bindungen. Wo überhaupt sollen sich die Kleinen fallen lassen, wenn nicht bei ihren Eltern und Erziehern?
Deshalb ermutige ich meine Tochter immer und immer wieder, zu einem Erwachsenen zu gehen, wenn es ihr nicht gut geht.
Wenn sie geärgert wird oder wenn sie ein ganz blödes Gefühl hat, weil irgendwer irgendetwas tut.
Nie, aber niemals soll sie Dinge, die sie bedrücken, für sich behalten. Was soll das bringen? Nur damit die anderen Kinder sie nicht „Petze“ nennen?
Steht sie nicht irgendwann über solchen Aussagen darüber, wenn sie sich dem sicheren Schutz ihres Elternhauses und idealerweise auch der Erzieher sicher sein kann?
Ist es da nicht manchmal gesünder, als Petze bezeichnet zu werden, als alles über sich ergehen zu lassen, nur um dazu zu gehören.
Kinder brauchen Erwachsene, die ihr weiches Herz schützen.
Erwachsene, die ihnen durch Konflikte helfen und ihnen vermitteln, dass sie richtig sind, genauso wie sie sind.
Dazu müssen wir aber wissen, was unsere Kinder beschäftigt. Und dafür sollten unsere Kinder keine Geheimnisse vor uns haben und schon gar keine Angst davor haben, uns Dinge anzuvertrauen, die sie beschäftigen.
Auch hier wieder ein Thema, das mit Reifung und nicht mit Lernen zu tun hat. Ein Kind wächst in das Konfliktlösungspotential hinein, es lernt es nicht. Klar, braucht es dazu positive Beispiele, aber alles zu seiner Zeit.
Ich werde mein Kind so lange darin unterstützen, unangenehme Situationen zu lösen, bis es selbst dazu in der Lage ist. Und das wird sicher noch einige Jahre dauern.
Und auch dann wünsche ich mir, dass mein Kind mir die Dinge anvertraut, die es beschäftigen.
Was ist petzen und was nicht?
Den Unterschied zwischen Petzen und sich Hilfe holen, können wir Kindern wahrscheinlich ab dem Grundschulalter langsam erklären:
Petzen ist, wenn du jemandem etwas verrätst, nur damit ein anderes Kind Ärger bekommt. Wenn zum Beispiel ein Kind die Wand an der Schule mit Kreide angemalt hat und du dies verrätst, dann ist das eher Petzen. Anders sieht es aus, wenn ein anderes Kind deswegen Ärger bekommt und du das ungerecht findest. Oder wenn die Wand so schlimm beschädigt ist, dass der Schaden nicht mehr weggeht.
Aber auch dann kannst du dem Kind erst die Chance geben, selbst für sein Handeln einzustehen und sich einer Lehrkraft anzuvertrauen.
Wenn das Verhalten allerdings niemanden wirklich schadet, dann brauchst du es nicht unbedingt jemandem zu erzählen. Am besten erzählst du es zu Hause und findest und ihr findet dann gemeinsam einen Umgang mit dem Thema.
Fühlst du dich jedoch unwohl, unsicher oder sogar bedroht, dann rede direkt mit einem*r Erwachsene*n und hole dir Hilfe.
Dein Kind sollte immer das Gefühl haben, dass es mit dir reden kann, ohne dass du es eine Petze nennst.
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