Bei was dir eine Beistandschaft vom Jugendamt helfen kann

Alleinerziehenden wird oft geraten, sie sollten sich doch einfach um eine Beistandschaft durch das Jugendamt kümmern, damit sie den Stress um den Kindesunterhalt vom Hals haben.

Zu unserem Alleinerziehenden-Stammtisch letzte Woche haben wir einen Mitarbeiter vom Jugendamt eingeladen und darum gebeten, uns zu den Themen Beistandschaft und Unterhaltsvorschuss zu informieren.

 

Ich fasse im Folgenden zusammen, was ich mir dazu notiert habe:

 

Die Aufgaben einer Beistandschaft: 

Es braucht einen schriftlichen Antrag eines Elternteils, damit das Jugendamt eine Beistandschaft für das Kind einrichtet.

  • Beratung und Unterstützung in Unterhaltsfragen
  • Berechnung und gegebenenfalls Titulierung
  • Feststellung der Vaterschaft (Beantragung einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung durch den Beistand ist möglich)
  • Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen durch den Beistand (Feststellung und Vollstreckung eines Titels, Kostenlose Unterstützung, ggf fallen jedoch Gerichtskosten an, Mehrbedarf und Sonderbedarf ermitteln und einfordern)

 

Mehrbedarf durchsetzen: Kosten müssen notwendig und angemessen sein und es braucht gewichtige Gründe für die kostenverursachende Maßnahme. Der Mehrbedarf muss dargelegt und nachgewiesen werden. Bei rechtzeitiger Inverzugsetzung kann ein Mehrbedarf auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden.

Sonderbedarf durchsetzen: Außergewöhnlich hoch (Einzelfallentscheidung), unregelmäßig und nicht vorhersehbar, also überraschend. Sonderbedarf ist ein einmaliger Bedarf und kann ebenso rückwirkend geltend gemacht werden bei rechtzeitiger Inverzugsetzung (jedoch höchstens für ein Jahr).

Beurkundung der Vaterschaft (für nicht verheiratete Paare: Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnort)

 

 

Du bist dir unsicher ob eine Beistandschaft das Richtige für dich ist?

Hier bin ich auf einen Test gestoßen, der dich dabei unterstützt, dies herauszufinden: Beistandschaft online beantragen – Beistandschaft (beistandschaft-online.de)

Beurkundung einer Unterhaltsverpflichtung:

  • Es ist eine kostenlose Titulierung der Unterhaltsverpflichtung möglich
  • So können Kosten und Gerichtsverfahren umgangen werden
  • Die Titulierung ist bei jedem Jugendamt möglich (Wohnort entscheidet Zuständigkeit)
  • Wichtig: Hierbei erfolgt keine Prüfung des Einkommens

Vor Einrichtung einer Beistandschaft: Prüfen, inwieweit ein freiwilliges Mitwirken beider Seiten auch ohne Beistandschaft möglich ist.

 

 

Bei Volljährigkeit: (Par. 18 IV SGB VIII)

  • Beratung von Volljährigen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres
  • Berechnung kann übernommen werden. Durchsetzen muss der/die Volljährige den Unterhaltsanspruch selbst

Dieser letzte Punkt ist oft eine große Hürde für die jungen Erwachsenen. Wer möchte schon die eigenen Eltern verklagen, um den Unterhaltsanspruch geltend zu machen?

Außerdem wurde noch darauf hingewiesen, dass nach Einrichten einer Beistandschaft beim Jugendamt einige Zeit verstreicht, bis dann tatsächlich Unterhalt gezahlt wird.

Hier ist jeder Fall individuell, allerdings sollte mit einer Bearbeitungs/Umsetzungsdauer von mindestens 2 Monaten gerechnet werden.

Weitere Informationen zum Thema Beistandschaft findest du hier: BMFSFJ – Die Beistandschaft

 

 

Unterhaltsvorschusskasse:

Der Unterhaltsvorschuss dient dazu, regelmäßige, monatliche Zahlungen bei Zahlungsausfällen des Unterhaltspflichtigen zu garantieren.

Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Unterhaltssicherung unter dem Mindestunterhalt (1. Altersstufe: 187 €, 2 Altersstufe: 252 €, 3. Altersstufe: 338 €)

Der Anspruch richtet sich nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) und die Anträge liegen in jedem Bürgerbüro der Gemeinden aus und können auch dort abgegeben werden.

 

Anspruchsvoraussetzung für den Unterhaltsvorschuss:

  • Das 12. Lebensjahr ist noch nicht vollendet
  • Das Kind lebt bei einem seiner Elternteile, der ledig, verwitwet oder geschieden ist, oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauerhaft getrennt lebt.
  • Wenn dieser nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt vom anderen Elternteil erhält.

 

Ab dem 12. Lebensjahr:

  • Das Kind hat kein ausreichendes Einkommen
  • Kinder im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (18. Geburtstag) können ebenfalls Unterhaltsvorschuss erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass sie nicht auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angewiesen sind oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug mindestens 600 Euro brutto verdient.

Weitere Informationen zum Thema Unterhaltsvorschuss findest du hier: BMFSFJ – Unterhaltsvorschuss

Wenn du den Unterhaltsvorschuss beantragst, kann es sein, dass du erst nachweisen musst, dass du den anderen Elternteil aufgefordert hast (mit Setzen einer Frist), Unterhalt zu zahlen. (Entsprechende Nachrichten / Mails also speichern)

Es kann aber auch sein, dass der andere Elternteil von der Vorschusskasse direkt angeschrieben, und aufgefordert wird, Unterhalt zu zahlen.

 

 

Weshalb erhalten dann 50 % der Kinder keinen Unterhalt?

Während des gesamten Vortrags stellte ich mir die Frage, weshalb 50 % der Kinder nach der Trennung der Eltern keinen Unterhalt erhalten und die Hälfte derer, die erhalten, weniger bekommen als ihnen zusteht.

Den Herrn vom Jugendamt habe ich dann auch gefragt: “Wie kommt es eigentlich, dass so viele Kinder keinen Unterhalt erhalten, wenn dies doch so klar geregelt und anscheinend so einfach umzusetzen ist?”

Er wich mir ein wenig aus und meinte, dass es eben nicht immer einfach sei und dass viele Mütter auf Unterhalt verzichteten, um die Beziehung zum Vater des Kindes nicht zusätzlich zu belasten.

So schreibt auch Asha Hedayati in “Die stille Gewalt”: *…ein Drittel der Alleinerziehenden (35%) laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts auf Unterhalt verzichte, um das Verhältnis zum Expartner nicht zu belasten.” (S. 51)

Viele Mütter wünschen sich einfach nur noch Ruhe für sich und ihre Kinder und brauchen ihre Kräfte dringend dafür, ein neues Leben aufzubauen. Da bleibt kaum Energie für Streitereien um den Unterhalt und die vielen Machtspielchen, die dann folgen könnten.

 

Mein Fazit:

Solange Frauen sich nach einer Trennung nicht geschützt fühlen, bringt ihnen die Beistandschaft und der Unterhaltsvorschuss auch herzlich wenig.

Es wurde noch gefragt, wie es denn aussähe, wenn der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin im Ausland lebt. Es sei möglich, den Unterhalt auch von Unterhaltspflichtigen im Ausland zu bekommen. Dabei hängt wohl vieles davon ab, in welchem Ausland sich der unterhaltspflichtige Elternteil befindet.

Es sei möglich, aber nicht immer einfach.

So, so weit die Zusammenfassung. All diese Informationen stelle ich ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit zur Verfügung.

Am besten lässt du dich nochmal persönlich, vor Ort beraten. Ob dies dann das Jugendamt ist oder erstmal eine andere Stelle, das ist dir überlassen.

Ob du den Schritt gehen möchtest und für den Unterhalt kämpfen möchtest, ist ebenfalls deine Entscheidung. Fakt ist natürlich, dass der Unterhalt deinem Kind zusteht.

Ich bleibe nach wie vor mit großen Fragezeichen zurück:

 

Wieso wird der Kindesunterhalt so oft als eine Holschuld, viel mehr als eine Bringschuld behandelt?

 

Weshalb muss der hauptsächlich betreuende Elternteil regelmäßig dem Unterhalt hinterherrennen

und Energie darauf verwenden, die Rechte für die Kinder einzufordern?

 

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Wenn du Kind/er unter 7 Jahren hast, dann solltest du unbedingt dieses Video anschauen.

In dem Video erfährst du 3 wichtige Dinge:

  • Weshalb die 3 gängigen Umgangsmodelle Residenzmodell, Wechselmodell und Nestmodell nur als grobe Richtschnur dienen können.
  • Weshalb Kleinkinder und Vorschulkinder bei der Trennung der Eltern besondere Begleitung brauchen.
  • Weshalb der Satz „Die Kinder leiden am meisten“, unreflektierter Bull*it ist.


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