Die ersten zwei Jahre waren herausfordernd, sehr herausfordernd. Geprägt von schlaflosen Nächten, einem völlig überstimulierten Kind und viel Verzweiflung. Dabei wollte ich mein Kind doch einfach nur genießen. Trotzdem denke ich an die Zeit gerne zurück.
Vor kurzem habe ich mir die Frage gestellt, wieso mein Alltag mit meiner Tochter nun plötzlich so viel entspannter ist. Was hat sich geändert? Was hätte mir vielleicht in den esten zwei Jahren geholfen, gelassener mit der Situation umzugehen?
Es gibt viele Aspekte, die ich in den letzten 2 Jahren geändert habe.
- Ich höre mehr in mich hinein und achte auf meine Bedürfnisse. Was fühle ich, was braut sich in mir zusammen, und was brauche ich, um nicht gleich auszuflippen?
- Bevor ich mich für etwas entscheide, stelle ich mir die Fragen: Braucht mein Kind das nun wirklich? Wie kann ich heute die Bedürfnisse meiner Tochter und die meinigen stillen? (und nein, ein Kind braucht nicht pausenlos Programm, etwas Langeweile hat noch niemandem geschadet)
- Außerdem habe ich mich aus einer destruktiven Beziehung gelöst, um endlich wieder mir selbst näherzukommen. Das war ein schwieriger Schritt, aber der einzig Richtige. So kann ich meine Energie dort einsetzen, wo sie dringend benötigt wird.
- Ich habe unsere materiellen Ansprüche minimiert um mehr Zeit für meine Kleine und auch für mich zu haben. Ganz nach dem Motto: Kinder brauchen Zeit, nicht Geld.
- 80 % sind meine neuen 100 %. Es muss nicht immer alles perfekt sein: -ein praktischer Haarschnitt spart mir morgens mindestens 15 Minuten – Chaos erstmal im Keller verstecken (niemandem verraten bitte) -5 gerade sein lassen, lasse ich sie jetzt noch einen weiteren Tag mit zerzausten Haaren herumlaufen oder versaue ich uns den ruhigen Abend in dem ich sie jetzt noch völlig übermüdet in die Badewanne sitze? Eine Katzenwäsche und ein friedlicher Abend sind mir so viel mehr wert als jederzeit saubere Haare. – Kartoffeln, Karotten und ein Ei oder Grießbrei mit Banane sind auch ein Mittagessen
- Situationen, die für mein Kind schwierig sind, gehe ich aus dem Weg bis sie die Reife dazu hat. Ich habe Spielplätze mit vielen Kindern eine lange Zeit gemieden, weil es dort immer nur Stress gab. Von einem Tag auf den anderen konnte sie plötzlich mit anderen Kindern spielen, ohne ihnen die Schaufel auf den Kopf zu schlagen.
- Bindung, Bindung und Bindung. Wohl die größte Stütze im täglichen Wahnsinn. Seit meine Kleine 3,5 Jahre alt ist, kooperiert sie und hört meistens auf mich. Wenn denn die Bindung aktiviert ist. Plausibel, wenn man sich mit den verschiedenen Bindungstiefen auseinandergesetzt hat. Wenn ich merke, der Tag wird schwierig, fokussiere ich auf unsere Beziehung und lasse alles andere liegen. Meist löst sie sich dann von ganz alleine wieder, wenn sie ihren Nähetank gefüllt hat.
- Rituale, Strukturen und Alltag. Wenn meine Kleine weiss, was als nächstes kommt muss ich ihr nicht ständig sagen, was sie zu tun hat.
- Ich mache so wenig Termine wie möglich. Mir tun die Kinder immer so leid, wenn sie in Eile vom Kindergarten abgeholt werden weil sie nun unbedingt zum Ballett, Singen oder Turnen müssen. Ich hole meine Tochter ab und setze mich meist mit ihr auf den Spielplatz nebenan. Dort picknicken wir, kommen beide runter und haben Spaß. Der Satz „komm schnell, wir haben keine Zeit“ kommt so nur noch sehr selten über meine Lippen. So haben wir viel mehr stressfreie, entspannte Zeit und können die kleinen alltäglichen Wunder bestaunen.
- In Situationen, in denen ich mich ärgere, versuche ich bei mir zu bleiben. Wieso ärgert mich das jetzt so kolossal? Was passiert hier gerade? Was will mein Kind mir damit sagen? Wieso ist sie nun emotional so überfordert, dass sie sich so verhält? Das ist der schwierigste Punkt für mich. Manchmal will ich einfach nur, dass die Dinge funktionieren. Manchmal will ich mich einfach nur mit meiner Freundin unterhalten, ohne, dass mein Kind sich völlig daneben verhält. Einfach mal eine Stunde keine Rücksicht nehmen. Aber das funktioniert nicht. Jedenfalls nicht mit so kleinen Kindern. Und so laufe ich immer wieder gegen diese Mauer und verhalte mich wie eine 3-Jährige. Versuche, mit Nachdruck etwas durchzusetzen, von dem ich eigentlich weiß, dass meine Tochter es gar nicht kann. Da ist meine Adaption gefragt.
- Ich nutze jede Minute, die sich mir bietet, um mich zu sammeln und wieder zu Kräften zu kommen. Übe mich in Achtsamkeit und beschäftige mich sehr mit meinen eigenen Themen.
- Mein schlechtes Gewissen beobachten und so gut es geht ablegen. Was braucht mein Kind? Liebe, Geborgenheit, einen sicheren Ort, Verständnis, Nahrung, Wärme, soziale Kontakte zu Erwachsenen – und das alles bekommt sie und ich gebe mein Bestes. Wozu also ein schlechtes Gewissen?
Was fällt dir dazu noch ein? Was erleichtert dir dein Leben mit deinem Kleinkind oder Vorschulkind? Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen.